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  • AutorenbildMelanie H

Rückblick Jahr 2020

It’s not about what you get but what you make out of it

 

In der Weihnachtszeit werde ich wie wahrscheinlich viele, leicht sentimental und fange an mein Jahr zu reflektieren. Zudem ist das für mich die beste Zeit meine Ziele zu überprüfen, anzupassen oder mir neue zu stecken.




Kurz gesagt, das Jahr 2020 war wohl für alle nicht leicht. All diese Einschränkungen, Feste die abgesagt wurden, Ängste aufgrund des Virus und vielleicht sogar bangen um Angehörige oder Verluste. Auch mein Jahr verlief nicht gerade wünschenswert. An meinem Geburtstag, den man eigentlich gross feiern wollte aber nicht konnte aufgrund der Regeln, eine Entscheidung zu treffen, die mein ganzes bisheriges Leben auf den Kopf stellen würde, war alles andere als leicht. Kurz darauf mein Seelenpferd gehen lassen zu müssen, war wohl der schlimmste Schritt in meinem Leben. Diesen Tag werde ich nie vergessen und auch die Bilder sind für ewig in mein Gedächtnis gebrannt.


Und trotz all dem zog kurz darauf Blue bei mir ein. Das hübsche Bürschchen, das angeblich «ready zum Einreiten» war. Ich muss gestehen, ich bin normalerweise kein naiver Mensch, aber da war ich wohl mehr als naiv. Schon am Einzugstag musste ich feststellen, dass es wohl nicht ganz so einfach werden würde. Als ich nach zwei Wochen nicht einmal mehr ein Halfter auf das Pferd brachte, wusste ich, der ist alles andere als «ready.» Auch Hufe geben erwies sich schon fast als lebensgefährlich und leider war das gezielte Ausschlagen mit den Hinterhufen wohl auch schon länger eine gut funktionierende Taktik für ihn. All meine Bücher, die ich gekauft und gelesen habe zum Thema Jungpferde und Einreiten konnte ich grundsätzlich nicht brauchen. Denn das Pferd hatte nicht nur keinen Bock, er war auch unheimlich stur und wenn er nicht wollte, konnte man eigentlich gleich aufhören. Bei mehr Druck kam die Hinterhand, er begann zu Steigen, Beissen, die ganze Palette. Ich liess in meiner Verzweiflung einen Trainer kommen und wusste sofort wieder, warum dies einfach keine gute Idee war. «Am besten gibst du denn in Beritt, dann lernt der mal zu gehorchen.» So ähnlich war zumindest die Aussage. Aber wollte ich das? Ein Pferd das «gehorcht?» Nein, eigentlich nicht und Beritt war für mich so oder so keine Option, wenn ich dafür mein Pferd weggeben müsste. Da habe ich einfach schon zu viele Pferde gesehen, die danach kaputt waren.


Ich begann also mich wieder auf mich zu konzentrieren und meine eigenen Fähigkeiten. Ich erinnerte mich an die Ziele und wie ich eigentlich Blue arbeiten wollte, nämlich so wie ich es mit Valur begonnen hatte. Blue sollte das Pferd werden, welches mir helfen sollte, dieses eine Lebensziel zu erreichen. Eine Verbindung zum Pferd herstellen ohne Gewalt, ohne Druck, ohne lästige Hilfsmittel. Deswegen suchte ich meinen Klicker, holte mir Leckerlies und begann… auf meine Art und Weise. Und siehe da, es zeigten sich schnell Fortschritte. Das Problem war nur, die Situation im Stall verschlechterte sich nach und nach. Der Herbst kam viel zu schnell, die Weidezeit wurde kürzer und da er nur mit Stuten stand, wurde ihm langweilig. Er fing an, die anderen Pferde zu nerven, wurde aufmüpfig und bald wurde das Verhalten auch im Training sichtbar. Er war frustriert, fing wieder an zu beissen und wollte sich beim Führen losreissen. Stallwechsel wollte ich ihm eigentlich nicht antun, doch als das Wetter schlechter wurde, kam der Tag und die Situation eskalierte. Er wollte sich auf der Weide losreissen, konnte es nicht, zwängte mich in eine Ecke und versuchte nach mir auszuschlagen. Das war der Schlüsselmoment. Ich wusste, so kann es nicht weitergehen. Es ist zu gefährlich weiter, mit ihm zu arbeiten. Viele Stimmen rieten mir das «böse Pferd» zu verkaufen oder dem Züchter zurück zu geben. Für mich keine Option, denn tief in mir wusste ich, dass es nicht seine Schuld war und die Umstände nicht richtig waren!


So ging ich auf Stallsuche und fand nach, zwar langem Überlegen aber kurzer Suche, ein geeignetes neues zu Hause für Blue. Kurzfristig war ein Platz freigeworden und wir zogen nicht mal zwei Wochen später um. Der Umzug und die ersten paar Tage waren für mich nervlich ein Desaster, den Blue zeigte sich von seiner besten Seite (eben nicht.) Doch zum Glück hatte ich mich nicht für irgendein Stall entschieden, sondern für den wahrscheinlich Besten in der Umgebung. Denn die Stallbesitzerin hat nicht nur jahrelange Erfahrung mit jungen und schwierigen Pferden, sie hat auch eine ähnliche Einstellung wie ich und zudem einen wirklich sehr pferdefreundlichen Stall. Nach 2 Tagen war Blue in der Gruppe, hatte er zwei wichtige Lektionen in seinem Leben gelernt, welche ihm nur eine richtige Pferdeherde hätte beibringen können. 1. Man bekommt nicht immer was man will und 2. Wer Radau macht oder frech ist, bekommt eins auf die Nase (oder in seinem Fall wird verjagt oder gebissen.) Er brauchte aber zum Glück nicht lange, um sich an diese Situation zu gewöhnen und als er nach wenigen Tagen sein freches Gehabe abgelegt hat, wurde er in der Herde akzeptiert. Es dauerte noch etwas länger bis er das auch realisierte und sich traute in Ruhe zu fressen. Doch diese Entwicklung half seinem Verstand, sich wieder zu beruhigen.


Da ich die ganze Zeit nicht von seiner Seite wich, merkte er, dass ich und mein Vorhaben doch eigentlich gar nicht so doof war. Ich begann trotzdem mit der Arbeit wieder von vorne und diesmal nur noch mit positiver Verstärkung. Die Fortschritte waren sehr klein, aber deutlich sichtbar. Ich konnte schnell Kommandos einbringen und ihn mithilfe eines Targetsticks so bewegen wie ich wollte.

Mittlerweile arbeiten wir frei oder mit Strick am longieren in der Dehnungshaltung. Dies ohne Ausbinder, ohne Hilfsmittel ausser einer Gerte die Richtungsweisend gehalten wird, nicht treibend. Ein Ton reicht, um ihn in den Trab zu bringen oder anzuhalten. Ein Click reicht um ihm zu signalisieren, dass er alles richtig macht. Natürlich muss er noch viel lernen. Dafür aber, habe ich ein Pferd, dass sich unheimlich auf die Arbeit freut, alles mitmacht (und dabei auch mal die Sau rauslassen darf, bei dem sogar Bocken oder freudiges «Kopfschlagen» erlaubt ist) und am liebsten gar nicht mehr aufhören möchte. Ein Pferd, das sich selbst ohne ein Hilfsmittel in die Dehnungshaltung einfindet. Ein Pferd, das Vor- und Rückhandwendungen gerne macht, auch wenn das anstrengend ist. Ein Pferd, das einfach glücklich und zufrieden ist und auf das ich mich jeden Tag freuen kann.


Denn im Leben geht es nicht darum, was einem geschenkt wird, sondern was man daraus macht! Und das hat mir das Jahr 2020 definitiv bewiesen.

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