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  • AutorenbildMelanie H

Basics – Das Führen

Ehrlich gesagt, über Führen und Führtraining habe ich mir bis vor ein paar Monaten nie gross Gedanken gemacht. Ich hatte ein Pferd welches selbstverständlich neben mir her trottete (gut manchmal auch hinter mir) aber nie problematisch. Auch alle anderen Pferde mit denen ich gearbeitet waren da kein grosses Problem. Das ist mit Blue anders. Man konnte zwar neben ihm her laufen aber grundsätzlich nur gerade da wo er einem gerade haben wollte. Er war es nicht gewohnt, dass ich rechts von ihm laufe, deswegen fand er das doof. Links hat er jedoch die Angewohnheit erstmal auszuholen bevor er anläuft und tritt einem dabei fast auf die Füsse oder rempelt einem mit der Schulter an. Wird es ungemütlich dann überholt er einem im Stechschritt und man kann ihn kaum mehr bremsen.



Zum erstem Mal musste ich mich also intensiv mit dem Thema führen beschäftigen. Nicht dass ich nicht wusste, wie es denn aussehen sollte in der Theorie aber wie kommt man praktisch zu diesem Punkt wo das Pferd einfach selbstverständlich auf der gewünschten Höhe mitläuft egal was passiert? Ich habe ein paar Bücher gelesen, auf Youtube Videos dazu angesehen und schliesslich sogar noch eine Trainerin um Hilfe gebeten. (Ja man darf als Trainer auch selbst trainiert werden, schliesslich ist es eine stetige Weiterentwicklung!) Nun schlussendlich musste ich feststellen, dass jeder Trainer eine eigene Meinung hat, wo das Pferd laufen soll und wie man dies antrainiert. Also nahm ich mir vor, einfach mal ein paar Ansätze auszuprobieren.


Der Tipp der Trainerin war zwar gut, doch irgendwie mit Blue nicht machbar. Das Antreten klappte so gut bis er etwas gruseliges gesehen hatte. Nach vorne konnte er nicht, also blieb er halt stehen oder ging rückwärts. Um den Abstand zu wahren sollte ich meine Schulter nach seiner Ausstrecken, doch er fand das toll «ah endlich Hautkontakt» und blieb mir auf der Pelle. Gut gemeint, jedoch auch wieder eine Verallgemeinerung und für mein Pferd nicht hilfreich.

Der nächste Tipp von einer Trainerin auf Youtube war, einfach vorne weg zu laufen. Dies würde dem Pferd signalisieren «ich opfere mich für dich und werde zuerst gefressen.» Sie arbeitete in den Videos auch komplett frei, was mir sehr imponierte. Das ich nun begann vorne weg zu laufen fand Blue zuerst verwirrend aber dann doch ganz cool. Naja bis… er etwas sah was er gruselig fand. Dann begann er hinter mir zick zack zu laufen und ich hatte Mühe einzuschätzen wo er gerade war. Leider haben wir Menschen ja keinen Rundumblick! Und dann kam wie es kommen musste, er stellte fest, dass die Gefahr von hinten kam und er ja schliesslich nicht gefressen werden will. So preschte er nach vorne und da ich den Strick lange lassen sollte um ihm hinten ja viel Platz zu lassen, war er dann halt schon im Trab an mir vorbei und ich konnte ihn gerade noch irgendwie mit dem Ende des Stricks halten. Also auch nicht die Lösung für den Angsthasen…


Ich überlegte hin und her was ich wohl falsch machte, denn als ich alle Tipps der verschiedenen Trainer nach und nach ausprobiert hatte wollte immer noch keiner so wirklich klappen. Und dann tat ich eben das was ich immer tat, ich fragte das Pferd.


Das Problem war, nicht dass ich etwas falsch ausführte oder dass die Trainer schlechte Tipps gaben, das Problem war, Blue hörte mir nicht zu. Er kannte wirklich nichts und war von jedem Geräusch oder Geruch so abgelenkt, dass er mich schlichtweg übersah. Grundsätzlich konnte man ihn fast mit einem Wildpferd oder einem kleinen Fohlen vergleichen, denn diese haben auch einen sehr ausgeprägten Fluchtinstinkt, besonders wenn sie nicht in der Herde sind. Bei ihm kam nun erschwerend hinzu, dass er kein Fohlen mehr war, sondern bereits 4 Jahre alt und vollständig entwickelt und zusätzlich mit dem Menschen nicht wirklich etwas anfangen konnte. Klar er kannte das Roundpen um Energie abzulassen, aber in diesem Moment war es wahrscheinlich egal ob da noch ein Mensch drin war oder nicht. Und dann stand da doch auf einmal ein Mensch der etwas von ihm wollte.


Deswegen beschloss ich, mit ihm eine abgewandelte Art vom Join-Up zu machen, also meine Art. Nicht um ihn rennen zu lassen, sondern um mich interessant zu lassen. Beim ersten Versuch war das Wetter nicht auf meiner Seite und wir konnten nicht wirklich zusammen arbeiten. Beim zweiten Mal jedoch, dauerte es 5 Minuten. 5 Minuten in denen er wie ein wilder frei rannte und einen Ausweg aus dem Reitplatz suchte, aber es gab keinen. Ich lies ihn in Ruhe in dieser Zeit, den wir beide wussten, dass dies nicht ewig so weiter gehen konnte. Dann sah er mich an und fragte mich ob ich ihm helfen konnte. Er schloss sich mir kurz an und ich gab ihm was er brauchte: Sicherheit.


Er lief zwar Anfangs immer wieder davon um irgendwelchen Geräuschen zu lauschen, doch begriff schnell, nur bei mir war er sicher. Blue ist und bleibt ein Pferd, dass den Körperkontakt sucht und gerne sehr nahe bei anderen steht, doch er hat jetzt gelernt, dass ich auch Abstand brauche, vor allem wenn er kopflos wird. Daran arbeiten wir nun weiter. Diese Übung wird nicht nur das Vertrauen stärken, sondern auch die Beziehung. Und so wird sich auch das Führverhalten nachhaltig und ohne grosse Probleme bessern.

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